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Autorin
Autorin Daniela Wiessner

Daniela Wiessner

Daniela Wiessner ist Beraterin für Health Business Performance und verbindet betriebswirtschaftliche Expertise mit einem ganzheitlichen Gesundheitsverständnis. Als Heilpraktikerin und erfahrene Redakteurin für medizinische Themen schreibt sie fundiert und praxisnah über Gesundheit, Biohacking und Longevity.

Gliederung:

Forever Young – Hallmarks of Aging

Auch in diesem Beitrag geht es um die Hallmarks of Aging – also die Kennzeichen des Alterns. Speziell um die deregulierte Nährstoffmessung. Klingt kompliziert. Ist es auch. Aber wir wühlen uns da jetzt gemeinsam und möglichst einfach durch ein wenig Biochemie. Und am Ende kennst Du einen weiteren Stellhebel, der Dir dabei hilft, das Altern hinauszuzögern. Getreu unserem Motto: Live longer better!

Deregulierte Nährstoffmessung – was ist das?

Wichtig zu wissen: Dein Körper trifft täglich Millionen biochemischer Entscheidungen – je nachdem, ob Nährstoffe im Überfluss vorhanden sind oder Mangel herrscht. Im Zentrum dieser Entscheidungen stehen vier Hauptakteure:

  • mTOR – mechanistic Target of Rapamycin
  • Sirtuine – SIRT1-7
  • AMPK – AMP-aktivierte Proteinkinase
  • IGF-1 – Insulin-like Growth Factor 1

What? Okay, schwierige Begriffe. Geduld! Diese molekularen Schaltzentralen bestimmen, ob Deine Zellen wachsen oder sich regenerieren, und sie beeinflussen maßgeblich, wie schnell Du alterst. Mit zunehmendem Alter gerät dieses fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht – die Nährstoffmessung wird dereguliert. Das Gute daran: Du kannst aktiv eingreifen und die Weichen für ein längeres, gesünderes Leben stellen.

Die vier Hauptakteure im molekularen Orchester des Alterns

mTOR und die Sirtuine: Wachstum trifft auf Qualitätsmanagement

Versuchen wir die Thematik bildhaft darzustellen: Stell Dir Deine Zellen als hochkomplexes Unternehmen vor, in dem vier Abteilungsleiter die wichtigsten Entscheidungen treffen.

Der oberste Boss – mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) – reagiert auf Nährstoffüberfluss und fördert Zellwachstum und die Zellteilung. Er ist der „Wachstumsmanager“, der bei reichlich vorhandenen Ressourcen auf Expansion setzt. Er fördert auch das Wachstum von Krebszellen. Nicht gut!

Die Sirtuine (SIRT1-7) hingegen sind die „Qualitätskontrolleure“ und „Reparaturspezialisten“. Sie werden aktiv, wenn Ressourcen knapp sind, und setzen auf Effizienz, Reparatur und Recycling statt auf Wachstum. Sie benötigen das Coenzym NAD+ als „Treibstoff“ – ein Molekül, dessen Spiegel mit dem Alter dramatisch sinken.

AMPK und IGF-1: der Energiesensor und sein Kollege – der Expansionsmanager

AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase) ist der ultimative Energiesensor Deiner Zellen. Dieses Enzym wird aktiv, wenn die Energiereserven zur Neige gehen, und löst Prozesse aus, die den Energieverbrauch drosseln und die Energieproduktion ankurbeln. AMPK ist in jeder lebenden Zelle jedes Säugetiers zu finden – ein evolutionär hochkonservierter Mechanismus, der fundamentale Bedeutung für unser Überleben hat.

IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1) ist der „Expansionsmanager“, der eng mit mTOR zusammenarbeitet. Dieses Hormon wird hauptsächlich in der Leber produziert – als direkte Reaktion auf Wachstumshormon (GH) und Nährstoffzufuhr, insbesondere Protein. Wer also extrem viel Protein zu sich nimmt, sollte darüber Bescheid wissen. Während mTOR der Wachstumsmanager ist, fungiert IGF-1 als dessen direkter Verbündeter und Verstärker im Wachstumsmodus.

Die Dynamik zwischen den vier Akteuren:

Bei hoher Nährstoffverfügbarkeit steigen mTOR und IGF-1 an – Zellwachstum und Proteinsynthese werden gefördert. Bei Nährstoffknappheit (z.B. beim Fasten) sinken IGF-1-Spiegel, AMPK wird aktiviert, und die Sirtuine übernehmen das Kommando: Die Zellen schalten von „Wachstum“ auf „Reparatur“ um, der Autophagie-Prozess – das zelluläre „Recycling-System“ – wird aktiviert, und die Stressresistenz der Zellen steigt.

Warum Deine Nährstoffmessung mit dem Alter aus dem Takt gerät

Mit zunehmendem Alter verändert sich nun die Aktivität dieser vier Signalwege ungünstig. Die mTOR-Aktivität bleibt chronisch erhöht, während die schützenden Sirtuine und AMPK weniger aktiv werden. Dies führt zu einem Teufelskreis:

Deine Zellen investieren zu viel in Wachstum und zu wenig in Reparatur und Qualitätskontrolle.

Der NAD+-Spiegel – entscheidend für die Sirtuin-Aktivität – sinkt mit dem Alter um bis zu 50%. Dies erklärt teilweise, warum zelluläre Reparaturmechanismen, metabolische Effizienz und Entzündungskontrolle mit der Zeit nachlassen.

Chronischer Nährstoffüberfluss – zuviel von allem – , wie er in modernen Gesellschaften häufig vorkommt, verschärft diese Problematik. Überernährung aktiviert permanent mTOR und IGF-1, während die schützenden Mechanismen von AMPK und Sirtuinen unterdrückt werden. Die Folgen sind weitreichend: Der Autophagie-Prozess – das zelluläre „Recycling-System“ – wird gehemmt, DNA-Reparaturmechanismen werden weniger effizient, und oxidativer Stress nimmt zu. Du alterst. Und zwar flott!

Weniger ist mehr – die Macht der Kalorienrestriktion und des Fastens

Zum Glück lässt sich auch diese altersbedingten Veränderungen gezielt beeinflussen. Kalorienrestriktion bzw. Fasten ist einer der am besten untersuchten Ansätze. Eine 30%ige Reduktion der Kalorienaufnahme verlängerte die Lebensdauer von Mäusen um bis zu 30%. Beim Menschen führte bereits eine 14%ige Kalorienreduktion über zwei Jahre zu messbaren Verbesserungen der Entzündungsmarker.

Faste Dich jung!

Intermittierendes Fasten bietet einen praktikableren Ansatz mit ähnlichen Vorteilen. Längere Essenspausen aktivieren AMPK und Sirtuine und hemmen mTOR, was zelluläre Reinigungsprozesse wie Autophagie fördert. Dies erklärt, warum Fasten so positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann.


Ketogene Ernährung: Ein metabolischer Schalter für die Langlebigkeit

Ketogene Diäten (geht auch ohne Fleisch!) haben sich als weitere wirksame Strategie erwiesen. Sie erhöhen die Produktion von Ketonkörpern wie 3-Hydroxybutyrat, die nicht nur als alternative Energiequelle dienen, sondern auch direkt langlebigkeitsfördernde Signalwege aktivieren. Studien zeigen, dass die dauerhafte Verabreichung von 3-Hydroxybutyrat die Lebensdauer und Gesundheitsspanne bei Mäusen verlängert.

Der Mechanismus ist faszinierend: Ketone wirken als Signalmoleküle, die ähnliche biochemische Pfade aktivieren wie das Fasten selbst – sie fördern die Aktivität von Sirtuinen und AMPK, während sie mTOR hemmen.

Pharmakologische Ansätze – von Rapamycin bis NAD+-Booster

Die Forschung hat mehrere vielversprechende Substanzen identifiziert, die gezielt in die Nährstoffmessung eingreifen. Rapamycin – ursprünglich als Immunsuppressivum entwickelt – hemmt mTOR und ist derzeit die einzige bekannte pharmakologische Behandlung, die die Lebensdauer in allen untersuchten Modellorganismen verlängert.

NAD+-Vorstufen wie NMN (Nikotinamidmononukleotid) und NR (Nikotinamidribosid) zielen darauf ab, die altersbedingt sinkenden NAD+-Spiegel wiederherzustellen und damit die Sirtuin-Aktivität zu fördern. Es zeigen sich vielversprechende Ergebnisse, doch die langfristigen Auswirkungen beim Menschen sind noch Gegenstand intensiver Forschung.

Dein persönlicher Langlebigkeitsplan

Was bedeutet das jetzt für deine täglichen Entscheidungen? Du kannst die Nährstoffmessung optimieren durch:

1. Regelmäßige Fastenperioden (16:8 oder 5:2 Methoden)
2. Reduzierte Gesamtkalorienaufnahme ohne Mangelernährung
3. Proteinmoderation – besonders bei tierischen Proteinen
4. Bewegung – aktiviert AMPK und verbessert die Insulinsensitivität
5. Stressmanagement – chronischer Stress aktiviert mTOR ungünstig

Die Balance ist entscheidend für deine Langlebigkeit

Die Kunst des gesunden Alterns liegt in der Balance. Während chronischer Nährstoffüberfluss schädlich ist, braucht Dein Körper Phasen des Aufbaus und der Regeneration. Der Schlüssel liegt im Wechselspiel: Perioden des Überflusses für Muskelaufbau und Regeneration sollten sich mit Phasen der Nährstoffknappheit abwechseln, die zelluläre Reinigungsprozesse fördern.

Molekulare Weichenstellung für ein längeres Leben

Mit dem Wissen um die vier Hauptsignalwege – mTOR, Sirtuine, AMPK und IGF-1 – hast du die Werkzeuge, um aktiv in den Alterungsprozess einzugreifen. Durch bewusste Ernährungsstrategien, gezieltes Bewegungstraining und möglicherweise unterstützende Nahrungsergänzungsmittel kannst du die molekularen Weichen für ein längeres, gesünderes Leben stellen.

Die Wissenschaft der Langlebigkeit hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht. Was einst als unvermeidlicher Verfall galt, entpuppt sich zunehmend als beeinflussbarer Prozess. Deine täglichen Entscheidungen haben direkten Einfluss auf die molekularen Schalter des Alterns – nutze dieses Wissen für ein längeres, vitaleres Leben!

Quellen:

sciencedirect.com – Hallmarks of aging: An expanding universe

ncbi.nlm.nih.gov – mTOR as a central regulator of lifespan and aging

frontiersin.org – SIRT1, resveratrol and aging

ncbi.nlm.nih.gov – AMPK at the Nexus of Energetics and Aging

lifeextension.com – How AMPK Extends Longevity And Slows Aging

nature.com – Targeting the biology of aging with mTOR inhibitors

🩺 Medizinisch geprüft am 20.10.2025

Dieser Beitrag wurde fachlich geprüft von Dr. med. Alexander Hammouda, Facharzt für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Longevity, Funktionelle Medizin und Prävention. Dr. Hammouda verbindet in seiner Münchner Privatpraxis schulmedizinisches Know-how mit modernen Longevity-Konzepten. Sein Fokus: Ursachen erkennen, Gesundheit ganzheitlich stärken und Menschen befähigen, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.

Bildquelle: istockphoto.com
Freundinnen – credits @ filadendron

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